Mittwoch, 30. Juni 2010

Autobiographische Exkursion in Prosa

"Kathrinchen", meine Großmutter ist vermutlich die einzige Person die mich noch und überhaupt so nennt. Und obwohl ich den Namen an sich nicht mag, fühlt es sich schön an, meine Oma das sagen zu hören. Es erinnert an Kindertage, daran den ganzen Tag draußen zu sein und abends müde und glücklich einzuschlummern. Fast kann ich das Moor riechen, den Hühnerstall oder frische Kartoffeln mit Petersilie. An einem dieser fernen Tage habe ich Spinnen beim Schlüpfen beobachtet und da ich Mama-Spinne nicht finden konnte, beschloss ich die Spinnchen selbst aufzuziehen. Aber hast du schon mal versucht gleichzeitig auf zehn bis zwölf winzig kleine Spinnenkinder aufzupassen, während jede schnell in eine andere Richtung oder Ritze krabbelt? So hilflos sind die nämlich gar nicht. Ich glaube ich hatte einen merkwürdig ausgeprägten Beschützerinstinkt. Meine Schwester und ich haben mal einen kleinen Spatzen gefunden, der Ärmste war vermutlich aus dem Nest gefallen. Jedenfalls hatten wir schon gelernt, dass das Küken auch außerhalb des Nests gefüttert wird, so fern die Mutter sich sicher fühlt. Und das man aus diesem Grund die süßen, weichen kleinen Vögel nicht anfassen darf. Aber was soll das Küken denn machen, wenn der Fuchs kommt? haben wir uns gefragt. Wir haben wohl ein wenig hin und her überlegt, mit dem Ergebnis das wir schließlich einen Kreis mit ca. einem Meter Durchmesser um den Vogel herum als unser Revier markierten, auf Fuchsart. An den Ausgang dieser Geschichte kann ich mich allerdings nicht mehr erinnern, ich glaube mein Vater hat schließlich den kleinen Vogel in seine Obhut genommen.
"Kathrinchen" und ich fühle mich wieder wie damals, früher, als Kind.
Nur heute mache ich mir Gedanken um politische Themen wie die Konflikte in Afghanistan oder frage mich wie ich die Mediävistik-Klausur schaffen soll, was ich morgen anziehe oder wer babysitten kann, wenn ich mal wieder ausgehen will. Einen Kreis pinkeln ist hier keine Option.